Jost Hindersmann
Thomas Przybilka
John le Carré. Der Spion, der zum Schriftsteller wurde
Portrait und Bibliografie
Er war der Sohn eines gerissenen Hochstaplers und lebte als Spion in der Welt der Diplomaten, bis er zum Schriftsteller wurde. Heute ist David Cornwell alias John le Carré der wohl bekannteste Spionageromanautor der Welt und wird nicht nur in diesem Genre, sondern auch als Autor ernsthafter Literatur gewürdigt.
Rezension:
Miss Sophie
Name: Gisela Lehmer-Kerkloh
Das flüssig geschriebene Buch
überzeugt nicht nur als Fundgrube
und Nachschlagewerk, sondern
sowohl durch die präzise
Präsentation der Entwicklung und
Situation des Spionagethrillers als
literarische Gattung in der Zeit des
kalten Krieges und danach als auch
durch die exzellente thematische
Aufarbeitung des Werkes Le Carrès.
Abgerundet wird das Werk durch die
übersichtliche und umfassende
Bibliografie, die nicht nur das Werk le
Carres als Gesamtheit, sondern
auch Rezensionen von einzelnen
Büchern enthält, die Filmografie und
eine Zusammenfassung in
englischer Sprache. Bei der
Bibliografie hat Hindersmann sich
die Mitarbeit von Thomas Przybilka,
des Begründers des auch
international anerkannten Bonner
Krimi-Archivs für Sekundärliteratur
gesichert. Auch KrimiKritik 2 liefert
einen beachtenswerten Beitrag, der
sich keiner Weise hinter
angelsächsischen
Veröffentlichungen zu vestecken
braucht.
Nord Park TB
ISBN 3-935421-12-5
Obwohl bereits eine Fülle von Literatur über ihn vorliegt, gab es bisher noch keine duetschsprachige Monografie, in der sein Leben und Werk thematisiert werden.
Jost Hindersmann füllt mit diesem Buch diese Lücke und legt zudem (zusammen mit Thomas Przybilka) die derzeit umfangreichste Bibliografie zur Literatur von und über John le Carré vor.
Um sich einem Autor und seinem Gesamtwerk zu nähern gibt es verschiedene Ansätze.
Der Fan wird versuchen sämtlicher jemals VON dem betreffenden Schriftststeller verfasster Romane habhaft zu werden und diese dann - am besten in chronologischer Reihenfolge (soweit bekannt) zu verschlingen. Handelt es sich um einen Hardcore-Aficionado wird sich der Leser / die Leserin darüber hinaus bemühen, die Bücher seines Idols in Relation zu dessen Biografie zu setzen, um ja auch kein autobiografisches Detail zu verpassen.
Der Literaturwissenschaftler hingegen wird sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Quellen anzapfen um all jene Schriften in seinen (geistigen) Besitz zu bringen, die jemals ÜBER den betreffenden Schriftsteller verfasst wurden.
Beiden wird mit diesem Buch gar trefflich geholfen.
Das vom Literaturwissenschaftler Hindersmann (der passenderweise mit einer Arbeit über den britischen Spionageroman promovierte) verfasste Portrait von le Carré, dem Sohn eines Hochstaplers und Schuldenmillionärs, ist ausführlich ohne ausufernd zu sein. Von seinem problematischen Verhältnis zum Vater, das der Autor später wie andere Ereignisse in seinem Leben (etwa die Schulzeit in einer strengen snobistischen public school) literarisch aufarbeitete, von den ersten Tätigkeiten für den britischen Geheimdienst (in Form von kleinen Kurierdiensten während seines Aufenthalts in der Schweiz) und seiner Zeit beim Außenministerium (u.a. als Konsul in Hamburg) ist ebenso zu lesen wie von seinen ersten schriftstellerischen Sporen. Auch die Fehde mit Salman Rusdie, von dem le Carré öffentlich als aufgeblasener Esel bezeichnet wurde, findet Erwähnung.
Angereichert wird diese Nahaufnahme des vielfach preisgekrönten und mit diversen Ehrendoktorwürden bedachten Autors durch eigene Zitate (auf deutsch und englisch).
Es folgt eine Werkübersicht mit knapp gehaltenen Inhaltsangaben sowie diverse Essays zu den Hauptthemen des Engländers, wie sie in seinen Romanen immer wieder eine große Rolle spielen (etwa der Konflikt zwischen Individuum - also Spion - und Institution - also Geheimdienst oder das große Thema des Kalten Krieges).
Der zweite Teil dieses Bandes aus der Reihe "KrimiKritik" des Nordpark Verlages liefert all denen, die tiefer in die Materie eindringen wollen, einen Überblick über die umfangreiche Sekundärliteratur zu John le Carré.
Alles in allem also ein hervorragendes "Handwerkszeug" für Jeden, der mehr über den "Spion, der zum Schriftsteller wurde" wissen möchte - so verständlich gehalten, dass der "gemeine Leser" nicht abgeschreckt wird, aber doch so wissenschaftlich fundiert, dass auch anspruchsvolle Theoretiker Stoff für ihre Studien finden.
Email: G.lehmer@wanadoo.be
Datum: 28.1.2003 (10:47)