Katja Brandis begeistert seit vielen Jahren ihre Fans mit unterschiedlichen Titeln für Kinder und Jugendliche – seit 2016 macht sie Furore mit den „Woodwalkers“ (sechs Bände gibt es bis jetzt).
Doch daneben existiert seit Sommer 2018 eine außerordentlich faszinierende Geschichte um ein junges Mädchen, das durch Zufall in eine magische Welt katapultiert wird. „Khyona. Im Bann des Silberfalken“.
Was zuerst war – der Schauplatz Island oder die Idee für die Geschichte -, welches ihr ganz persönliches Element ist und warum sie besonders die Elfen-Szenen liebt, verrät Katja Brandis im vorliegenden Interview.
Wie sagt man auf Isländisch: Dieses Buch ist ja wohl sensationell?
Hihi, keine Ahnung. Wenn ich versuche, es zu übersetzen, kommt bestimmt etwas ganz Furchtbares heraus. Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat“
Das war natürlich keine ernst gemeinte Frage – wie viele Leute sprechen schon Isländisch, selbst wenn das Land unglaublich viele Fans hat, wenn man sich so umhört …
Der Hintergrund der Frage ist die Tatsache, dass Sie sich für KHYONA mehrere Wochen in Island aufgehalten haben.
Wann war das und war es das erste Mal?
Ja, ich hatte schon als Schülerin vor, hinzufahren, aber damals war es noch zu teuer für mich. 2017 hat es dann endlich geklappt, und wir haben drei wunderbare Wochen dort verbracht und uns viel Zeit genommen, um abseits der ausgetretenen Pfade auf Entdeckertour zu gehen. Ich stapfte über Berg und Tal, ritt auf Islandpferden, badete in heißen Quellen, beobachtete Wale … und vor allem suchte und fand ich Schauplätze für meinen Roman. Die Atmosphäre dieser Orte spürt man, denke ich, wenn man das Buch liest.
Gab es ERST die Reise und DANN die Idee zum Buch oder wie entstand das Setting? (vielleicht müssen wir für die wenigen Noch-Nicht-Leser darauf hinweisen, dass es sich bei dem Roman um eine Fantasygeschichte handelt, die sowohl im heutigen Island, in Teilen aber auch in einem Fantasiereich namens Isslar spielt, dessen Schauplätze sich aber an realen Orten orientieren – siehe auch hier.
Weil Island so ein Sehnsuchtsland für mich war, überlegte ich, welche Geschichte ich dort ansiedeln könnte. Ich beschäftigte mich lange mit der Mythologie der Isländer und drehte und wendete jahrelang Teilideen im Kopf, bis es endlich Klick machte und ich genau wusste, was ich erzählen wollte. Es ist gar nicht selten, dass meine Romane so lange reifen … das eigentliche Schreiben geht dann eher schnell.
Vulkane spielen in dieser Geschichte eine große Rolle – wie sie es auch in mindestens einem Ihrer früheren Romane taten (siehe auch dieses Interview aus dem Jahr 2014) .
Woher kommt diese Affinität zu feuerspeienden Bergen?
In Vulkangegenden spürt man, dass die Erde sehr lebendig … und über titanische Kräfte verfügt. Wer das einmal miterlebt hat, vergisst das nie. Ich finde Vulkane nach wie vor faszinierend. Realistische Dinge hatte ich über sie schon reichlich geschrieben, diesmal wollte ich diese Naturwunder in eine Fantasywelt integrieren. So kam ich darauf, dass Andrik ein Herr des Feuers sein und Macht über die Vulkane der Insel haben könnte.
Ein weiteres, nicht unwichtiges, Element sind die Geysire, denen unterschiedliche Kräfte zugeschrieben werden (auch hierzu gibt es ein wunderbares Glossar) .
Worin würden Sie selbst am liebsten baden?
In einem Geysir ganz sicher nicht – zu heiß! Ich habe es genossen, dass es in Island auch in den kleinsten Orten von heißen Quellen gespeiste Freibäder gibt, die haben mein Sohn und ich ausführlich genutzt und natürlich auch die berühmte Blaue Lagune nicht ausgelassen. Sehr gut für die Haut, verheerend für die Haare!
Und wenn wir schon dabei sind – welches Element würden Sie als Angehörige einer der fünf großen Familien Isslars gern kontrollieren? Und warum?
Obwohl ich Vulkane spannend finde, ist mein Element eindeutig das Wasser. Versuchen Sie nur mal, mich aus einem Gewässer draußen zu halten! Wenn ich nicht zweimal die Woche schwimmen gehe, fängt mein Kopf an, Wasser-Sehnsuchts-Träume zu produzieren. Wenn ich mich mal auf die Woodwalkers beziehe, würde ich sagen, ich bin eindeutig in zweiter Gestalt ein Meerestier (Delfin, Robbe, was auch immer …)
Dann noch eine allerletzte „Auswahl“-Frage:
Wer besitzt für Sie die größte Faszination: Trolle, Elfen oder Drachen – die es alle im Roman gibt und denen die Heldin auch allen begegnet? Und warum?
Obwohl ich weiß, dass meine Fans die Drachen besonders mögen, haben mir die Elfen-Szenen am meisten Spaß gemacht. Die Elfen in Khyona haben Eigenschaften von Kindern, Katzen und Fabelwesen … das macht sie zu unberechenbaren, witzigen Zeitgenossen, die einfach herrliche Dialoge produzieren!
In Ihrer außerordentlich erfolgreichen Serie „Woodwalkers“ (für eine etwas jüngere Zielgruppe, Infos siehe hier) geht es ja letztendlich auch um „sprechende Tiere“. In „Khyona“ verständigen sich einige der Menschen über Bilder und Gedanken mit Tieren.
Woher kommt Ihrer Meinung nach diese Faszination, die ja nicht nur Kinder haben?
Und inwieweit würde Ihr ganz persönliches Leben durch eine solche Fähigkeit bereichert?
Ich würde mich natürlich furchtbar gerne mit Tieren verständigen oder mich selbst in eins verwandeln können. Das ist, glaube ich, eine sehr universelle Sehnsucht, weil Tiere so anders sind als wir, aber wir mit Geduld und Aufmerksamkeit einen kleinen Blick in ihre fremde, faszinierende Welt werfen können. Da ist die Neugier stark, auch mal das Tiersein auszuprobieren, das ja im besten Fall viel ursprünglicher und undigitaler und aufregender ist als unser Leben.
Im Dialog mit den Fans schreiben Sie, „Khyona“ sei (nur) als Zweiteiler angelegt. Gibt es eine Chance, dass sich auch nach dem zweiten Band, der ja schon in ein paar Monaten erscheinen wird, eine Reihe aus dem Stoff entwickelt? Genügend Personen, die man jeweils ins Zentrum eines eigenen Bandes rücken könnte, gäbe es ja …
Oder muss eine Reihe immer schon im Vorfeld geplant und durchstrukturiert werden – also schon, bereits bevor Sie mit dem Schreiben des allerersten Bandes beginnen?
Ja, prinzipiell wäre ein dritter Band natürlich möglich, das Problem ist nur, dass ich noch so viele andere Pläne und Projekte habe. Manche davon faszinieren mich schon sehr stark und wollen geschrieben werden, andere werden von den Fans heiß gewünscht und erwartet. Da ist ein mögliches Khyona 3 nicht sehr hoch oben auf meiner Prio-Liste, weil ich einen großen Teil dessen, was ich über diese Welt und Leute erzählen wollte, bereits in diesen zwei Bänden erzählt habe.
Was ist die jeweilige Herausforderung, aber auch Faszination, für unterschiedliche Zielgruppen zu schreiben?
Aus Ihrer Feder stammen Sachbücher für kleinere Kinder, Romane für eine Leserschaft ab 10 Jahre, unterschiedlichste Titel für Jugendliche – von Fantasy- über Abenteuer-/Umwelt- bis hin zu Thriller-Stoffen. Und auch für Erwachsene haben Sie schon geschrieben.
Ich brauche viel Abwechslung – mir würde es nie reichen, immer nur ähnliche Bücher zu schreiben! Was ich gerade planen und umsetzen mag, hängt viel von meinen Interessen und meiner jeweiligen Lebensphase ab, aber auch von meiner Familie – als mein Sohn noch kleiner war, habe ich auch viele Bücher für sehr junge Leser geschrieben. Jetzt ist er praktischerweise bei meinen Jugendromanen angekommen, denn die sind immer noch der Kern meiner Arbeit.
Ihre Interaktion mit Ihrer Leserschaft ist sehr intensiv – Sie beantworten zahlreiche Fragen, auf der Website und auch per mail.
Ganz zu schweigen von den Veranstaltungen in Schulen und Buchhandlungen oder bei Festivals, bei denen die Mädchen und Jungen (es gibt ja sicher auch viele männliche Fans), bei denen es laut der entsprechenden Presseberichte auch immer hoch hergeht.
Wie wichtig ist Ihnen dieser Dialog und inwiefern beeinflusst er Ihre Arbeit?
Ich finde es toll, von meinen Lesern zu hören, wie sie auf meine Geschichten reagiert haben, und erspüre aus den vielen Mails und Kommentaren auch, was sie gerne lesen möchten. Das hilft mir ganz konkret beim Schreiben besonders von Woodwalkers und Seawalkers! Immer mal wieder ist ein konkreter Vorschlag oder Wunsch dabei, der es dann tatsächlich ins Buch schafft.
Leider kostet es auch viel Zeit, all die Mails zu beantworten, dafür investiere ich einen großer Teil meiner Nachmittage (die Vormittage gehören dem Schreiben), und ich wünsche mir oft, die Leser würden erstmal die „Antworten auf häufig gestellte Fragen“ auf meiner Website lesen, bevor sie etwas fragen.
Zu den Lesungen: Meine Lesungen sind ganz stark ein Dialog mit den Zuhörern, das ist es, was so eine Veranstaltung richtig lebendig macht!
Eine allerletzte Frage, die sich aus „Khyona“ ableitet, aber für viele Menschen allen Alters fürs tägliche Leben sicher eine Bereicherung wäre:
Andrik bringt Kari bei, wie sie ganz im Moment sein, die Gegenwart genießen und Ruhe finden kann, ohne sich von quälenden Gedanken ablenken zu lassen.
Woher stammt Ihre diesbezügliche „Weisheit“ und was genau tun Sie selbst am liebsten, um sich zu erden bzw. einen solchen Zustand herbeizuführen?
Ich wollte unbedingt, dass die beiden voneinander lernen, und die ganz klassische Achtsamkeit aus dem Zen (an die mich immer wieder selbst erinnere) fand ich dafür sehr gut geeignet!
Denn ist es nicht das, was wir wollen und brauchen, uns und unsere Umgebung ganz intensiv wahrzunehmen und zu spüren?
VIELEN DANK FÜR DAS GESPRÄCH!
(mit Katja Brandis mailte sehr gern Chefredakteurin Michaela Pelz, diesmal im März 2019)