Interview mit Ehren-GLAUSER-Preisträger Paul Ott

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Wer sich für das engagiert, was ihm (oder ihr) am Herzen liegt, tut das sicherlich nicht für Ruhm und Ehre.

Gut, wenn dann aber jene, die von diesem Einsatz profitieren, diesen entsprechend würdigen.

Deswegen verleiht das SYNDIKAT jedes Jahr den Ehren-GLAUSER. 2024 geht er an den Schweizer Paul Ott. Was der Wahl-Berner selbst dazu zu sagen hat, verrät er in diesem Interview.
Herr Ott, wo waren Sie, als man Sie über den Erhalt der Auszeichnung informierte?

Als Langschläfer habe ich mich noch ein paar Mal im Bett umgedreht und darauf geachtet, dass ich die Katze Lucy nicht von der Bettdecke schmeisse, als mich der Anruf erreichte.

Und was haben Sie dann als Erstes getan?

Ich habe mich nochmal hingelegt und die völlig überraschende Nachricht auf mich wirken lassen.

Für Ihre Verdienste um den Kriminalroman erhielten Sie in der Vergangenheit schon Preise. Hand aufs Herz: Haben Sie insgeheimirgendwie mit dem Ehren-GLAUSER gerechnet?

Nein, gar nicht. Klar, ich war schon einige Male in den Jurys, und da hat man sich schon gesagt, wäre schön, auch mal einen Preis zu bekommen. Aber damit gerechnet, nein.

Aufgrund der regionalen Besonderheiten ist das Wirken in der Schweiz stets mit Herausforderungen verbunden. Was ist dabei besonders schwierig?

Die Schweiz ist von den Einwohnerzahlen her eine kleine Region, die aber schon immer auch international stark beachtete Krimiautor/innen hervorgebracht hat.

Nicht zuletzt sind ja die Glauser-Preise nach einem Schweizer Pionier des Genres benannt. Aber allzu oft dringt das nicht ins kulturelle Leben des Landes durch.

Was wiederum ist die große Bereicherung, wenn man sich in der Schweiz für den Krimi engagiert?

Man lernt schnell einmal die meisten Leute kennen, die sich engagieren oder schon nur an den Anlässen teilnehmen, die zum Beispiel der vor kurzem gegründete Verein Krimi Schweiz organisiert.

Und auch bei vielen Behörden stösst man auf offene Ohren – etwas weniger bei den literarischen Institutionen.

Sie waren im Schuldienst tätig, haben sich journalistisch aber auch in der Welt von Rock und Punk bewegt. Konnten Sie sich nicht entscheiden?

Da der Schweizer Markt zu klein ist, hatte ich keine Chance auf eine Existenz als unabhängiger Autor. Darum habe ich also bis 61, als ich mich von Lohnarbeit befreite, als Lehrer gearbeitet, was durchaus viele positive Seiten hatte, besonders weil ich dabei viele Menschen und die gesamte Berufswelt kennenlernte.

Warum vertauschten Sie dann die Welt der (echten) Musik mit der des (fiktiven) Verbrechens?

Punk war nach den bereits wilden 70er-Jahren eine Initialzündung. Dort haben wir gelernt, dass man selbst tätig werden kann und muss, wenn man etwas verändern will. Aber wie jede Bewegung war er nach einigen Jahren zwar immer noch eine Bereicherung, aber weniger relevant für das weitere Leben. Gelesen und geschrieben habe ich dagegen schon immer.

Kriminell literarisch unterwegs sind Sie meist unter Pseudonym. Wie haben Sie es ausgewählt?

Ich war damals total fasziniert von der Prähistorie und insbesondere der Höhlenmalerei in Frankreich, und da ich gleichzeitig als Lehrer und als Kritiker in den Berner Zeitungen gearbeitet habe, wollte ich das nicht vermischen.

Da mein erster kurzer Krimi durchaus erfolgreich war, habe ich das Pseudonym Paul Lascaux als Krimiautor beibehalten. Alles andere, z. B. die Arbeit als Herausgeber oder das Verfassen von Sachtexten, zeichne ich mit Paul Ott.

Letzte Frage: Wo wird die Trophäe wohnen?

Zwischen der Coco de Mer und den Paperweights an einem Ort, an dem sie die Katze nicht runterstossen kann (wobei ich Lucy Unrecht tue, denn das macht sie normalerweise nicht).

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Zur Person:
Seit mehr als 35 Jahren veröffentlicht der 1955 geborene und in Goldach am Bodensee und in St. Gallen aufgewachsene Ott Kriminalromane und Kurzkrimis. Neben seinem Hauptberuf als Lehrer betätigte sich der studierte Germanist und Kunsthistoriker schon früh journalistisch, bevor er sich 1987 dem Krimi zuwandte.

Seit 1974 in Bern wohnhaft, wählt er, der vielfach unter dem Pseudonym Paul Lascaux schreibt, als Schauplatz für seine Werke meist die Stadt Bern oder deren Umgebung.

Dabei beschränkte sich Otts, wie es in der Begründung heißt herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimiszene“ mitnichten auf seine eigenen Texte.

Anthologien, Archiv und Festivals

Auch als Herausgeber war er aktiv, ließ dabei auch die anderen Sprachbereiche der Schweiz zu Wort kommen: französisch, italienisch und rätoromanisch. Mit Mord im Alpenglühen (2005, erweiterte Neuausgabe 2020) erläuterte er die Geschichte der Schweizer Kriminalliteratur. Für die Gründung des seit 2021 in Grenchen etablierten Schweizer Krimi-Archivs spielte Paul Ott eine ebenso wichtige Rolle wie als Organisator von Krimifestivals.

In der ausführlichen Begründung für die Würdigung seines Wirkens findet sich auch eine Liste seiner zahlreichen, bisher erhaltenen Auszeichnungen sowie der Mitgliedschaften in diversen renommierten Vereinen und Verbänden.

Die Auszeichnung wird am Mittwoch, den 15. Mai 2024, während der Auftaktveranstaltung zur 39. CRIMINALE in Hannover überreicht.

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