Ostfriesengrab

Frank Weller (Christian Erdmann), Ann Kathrin Klaasen (Julia Jentsch). (Foto: ZDF)

Von den Fans sehnlichst erwartet:

Die Verfilmung von „Ostfriesengrab“, dem 3. Band der Ann Kathrin Klaasen-Reihe von Klaus-Peter Wolf.

Samstag, 15. Februar 2020, 20.15 Uhr

(und in der Mediathek bereits ab Freitag, 14. Februar, 10:00 Uhr).

„Von wem hab‘ ich wohl den Sturkopf?“ – „Von deiner Mudder!“
Ein launig-liebevoller Dialog zwischen Vater (Ernst Stötzner) und Tochter (Julia Jentsch), könnte man meinen. Doch das Gespräch hat einen ernsten Hintergrund:
Der eine lebt nicht mehr – erscheint seinem Kind aber in schöner Regelmäßigkeit, die andere will nicht eher ruhen, bis sie nicht die genauen Umstände seines Todes aufgeklärt hat …

Zunächst allerdings muss Kommissarin Ann Kathrin Klaasen sich jedoch mit einem ganz anderen Fall beschäftigen. In einem Park wird eine tote, junge Frau gefunden, die Arme grotesk mit Seilen in den Ästen eines Baumes fixiert. Fast sieht sie aus wie gekreuzigt oder so, als wollte sie gleich abheben und wegfliegen.

Ihre Identität ist schnell geklärt – man kennt sich, dort, in Ostfriesland.

Weniger leicht ist das Überbringen der Todesnachricht. Kommissar Frank Weller (Christian Erdmann) fühlt sich dabei sichtlich unwohl. Er ringt um Worte, bis Klaasen, nicht nur seine Kollegin, sondern auch Lebensgefährtin, sich einschaltet. Souverän, ruhig, in einer wohltuenden Mischung aus Mitgefühl und Sachlichkeit, sagt sie, was zu sagen ist.
Auch hier, wie schon in der Sequenz mit dem allgegenwärtigen, toten Vater, wird deutlich, dass Julia Jentsch als Nachfolgerin von Christiane Paul in der Rolle der Ann Kathrin Klaasen eine hervorragende Wahl ist.
Auch später, als sie sich im Zuge ihrer unorthodoxen Ermittlungsmethoden ein ums andere Mal in die exakte Position der Opfer (denn bei der einen Leiche bleibt es nicht) begibt, um deren letzte Momente nachspüren und auf diese Weise wichtige Erkenntnisse gewinnen zu können, wirkt nichts lächerlich oder aufgesetzt.

Rupert (Barnaby Metschurat) und Marion Wolter (Marie Schöneburg) (Foto: ZDF)

Zunächst allerdings ist da nur der eine Fall, bei dem der Täter überdies schnell feststeht – und das nicht nur für Rupert (Barnaby Metschurat).
Ach ja … der Rupert. Nach wie vor das Abziehbild eines chauvinistischen, vorurteilsbeladenen und komplett merkbefreiten Dorfpolizisten-Machos mit pubertären Sprüchen und durch keinerlei Intelligenz getrübten Schlussfolgerungen, geht er nicht nur Kollegin Marion Wolter (Marie Schöneburg) mächtig auf den Zeiger. Manchmal ist er so peinlich, dass es schon beim Zuschauen wehtut.
Dennoch sorgt Metschurat dafür, dass diese absolute Lieblingsfigur der Klaus Peter Wolf-Fans, die im Sommer sogar einen eigenen Roman bekommt, im Film wie in den Büchern eben nicht nur komplett eindimensional ist. Denn auch wenn Rupert einerseits vor Selbstsicherheit strotzend, ungefragt seine Überzeugungen als absolute Wahrheiten zum Besten gibt, so beweist er doch später völlig ungewohnte Einfühlsamkeit, die unerwartete Folgen haben wird.

Im Zentrum der Ereignisse: Dieter Meuling (Anton Noori), Ex-Knacki, Ex-Frauenschläger und vor allem Ex-Freund der Toten. Weil sich die Hinweise verdichten, dass er lügt, landet er auf der Wache. Erst seine Anwältin Cora Johannsen (Catrin Striebeck), dann der Verdächtige selbst, führen Klaasen mit Andeutungen, sie hätten Informationen zum Mord an deren Vater, immer wieder in die Versuchung, die Regeln ihres Berufes zu missachten. Und tatsächlich geht sie zu weit – mit gravierenden Folgen für alle Beteiligten.

Der Chef hat immer den richtigen Trost parat (Foto: ZDF)

Das gibt Stress – und Chef Ubbo Heide (Kai Maertens) muss eine Menge Marzipan essen, um sich wieder zu beruhigen. Zuweilen muss er es auch zum Trost an seine Mitarbeiter verteilen …

Es sind diese Kleinigkeiten, die das Herz der Fans erfreuen, weil sie all die Marotten der Protagonisten ja seit 2007 zu genüge kennen- und liebengelernt haben.

Genau wie die Figuren selbst, von denen eine um keinen Preis fehlen darf, auch wenn ihre Rolle nur verhältnismäßig klein ist.

Nein, es geht nicht um Autor Klaus-Peter Wolf und seine Frau Bettina Göschl, die ihren traditionellen Cameoauftritt (nach 38 Minuten) diesmal im Nachbargarten von Peter Grendel (Andreas Euler haben, sondern um eben diesen selbst.
Wie ein Fels in der Brandung steht der Riese in Latzhose genau dann parat, als seine breite Brust gebraucht wird, damit die sonst so toughe Kommissarin auch einmal die Tränen fließen lassen darf.

Zum Glück ist es nur ein kurzer Moment von Schwäche und Zweifel, bevor die versierte Profilerin wieder ihre Schlussfolgerungen zieht und ein gedankliches Band knüpft zwischen den diversen Fällen: Zu der Toten im Baum haben sich die Leichen einer bis auf den Kopf komplett im Sand vergrabenen Frau und eines, zum Ertrinken im Watt gefesselten jungen Mannes gesellt.
Hilfe erhält sie von einem früheren Schulkameraden Wellers, Heiner Zimmermann (Marek Harloff), der mehr kann als nur Hochzeitspaare fotografieren.

Künstler Freimut Diebold (Udo Samel, r.), im Gespräch mit Ann Kathrin Klaasen (Julia Jentsch) und Ubbo Heide (Kai Maertens, l.) (Foto: ZDF)

Später kommt auch noch der berühmte Videokünstler Freimut Diebold ins Spiel – ein eitler, aufgeblasener Mensch, durchdrungen von der eigenen Bedeutung, genial verkörpert von Udo Samel.

Wie wird er reagieren, als seine Tochter verschwindet?

Idyllische Luftbilder und Kamerafahrten über Meer, Strand und grenzenlos leere Straßen machen ohne lange Erklärungen deutlich, wo man sich gerade befindet – ganz im Norden Deutschlands, wo die Welt eigentlich noch in Ordnung sein sollte, aber es leider auch nicht mehr ist.

 

Viele haben im Lauf der Geschichte ihr Päckchen zu tragen – manchen liegt die Vergangenheit schwer im Magen, andere werden überrollt von der Wucht der Ereignisse.
Das es alles andere als ein Triumph ist, das Leben eines anderen auszulöschen, wird ebenso erkennbar wie die Erleichterung, wenn durch einen beherzten Schlag ein Dritter vor schwerem Schaden bewahrt wird.

An Nachschub für weitere Verfilmungen besteht mit mittlerweile 14 Bänden der Reihe glücklicherweise kein Mangel. Für den fünften Film – „Ostfriesenangst“ – standen die Akteure schon im November/Dezember 2019 in Norden, Norddeich, Aurich und Umgebung vor der Kamera.

***

Buch            Nils-Morten Osburg nach dem gleichnamigen Roman von Klaus-Peter Wolf

Regie            Stefan A. Lukacs

Kamera                  Jana Lämmerer

Musik           Florian Tessloff

Ton              Till Röllinghoff

Schnitt                    Christoph Wermke

Szenenbild              Dominik Kremerskothen

Kostümbild              Katrin Aschendorf

Produktion              Schiwago Film GmbH, Berlin

Produzent               Martin Lehwald

Producer                 Simon Grohe

Herstellungsleitung            Charles E. Breitkreuz

Produktionsleitung             Andrea Bockelmann

Redaktion               Daniel Blum

***

Cast:

Ann Kathrin Klaasen                    Julia Jentsch

Frank Weller                     Christian Erdmann

Rupert                    Barnaby Metschurat

Ubbo Heide            Kai Maertens

Anns Vater             Ernst Stötzner

Peter Grendel                   Andreas Euler

Cora Johannsen               Catrin Striebeck

Dieter Meuling                  Anton Noori

Heiner Zimmermann                   Marek Harloff

Freimut Diebold                 Udo Samel

Christina Diebold              Luisa-Céline Gaffron

Marion Wolter                   Marie Schöneburg

Eine Antwort zu “Ostfriesengrab”

  1. Mülltonnenbox

    Eure Beschreibung der Charaktere und des Plots hat meine Neugier geweckt. Es scheint, als ob der Autor Klaus-Peter Wolf ein Händchen dafür hat, fesselnde und gut durchdachte Geschichten zu schreiben. Ich freue mich schon darauf, dieses Buch in meine Leseliste aufzunehmen.

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