Interview Charlotte Printz

 

(Copyright Erol Gurian)

 

 

Im Interview über den ersten Band ihrer neuen Serie „Die Detektivinnen von Nachtigall & Co.“ spricht Charlotte Printz alias Beatrix Mannel über zwei höchst unterschiedliche Frauen – die Schwester Carla und Wally.

Auch im Fokus: weibliche Privatdetektive in den frühen Sechziger Jahren.

Sowie die aus heutiger Sicht schier unglaubliche Gesetzgebung in Sachen Scheidungsrecht zu jener Zeit.

Frau Printz, die Protagonistinnen von „Die rätselhafte Klientin“ sind zwei Schwestern, die gegensätzlicher nicht sein könnten und sich doch irgendwie notgedrungen arrangieren.
Schildern Sie uns doch bitte, was die beiden ausmacht.

Die beiden sind allein schon vom Äußeren so unterschiedlich, dass niemand auf die Idee käme, dass sie verwandt sein könnten: Carla erinnert er an eine zarte Version von Audrey Hepburn wohingegen Wally als eine üppigere Marilyn Monroe durchgehen könnte.
Doch das ist ja nur das Äußere, sehr viel interessanter sind auch ihre inneren Gegensätze. Während Carla getrieben von einem moralischen Perfektionismus immer versucht, das Richtige zu tun, ist Wally der Typ, der selbst entscheidet, wo welche Grenze verläuft, was ihre Handlungen zuweilen etwas amoralisch wirken lässt.
Natürlich aber können sie gerade durch ihre sehr unterschiedliche Art Problem zu lesen, sehr viel voneinander profitieren.
Es ist im ersten Band der Serie gewollt, dass die Leser:innen nicht ganz sicher sein können, ob die beiden – so wie Wally behauptet – wirklich Halbschwestern sind…

Die Agentur „Nachtigall und Co“ ist eine Detektei. Wie viele davon gab es tatsächlich in der Sechziger Jahren?

Laut eines Artikels im Spiegel von 1964 existierten damals rund 100 westdeutsche Privatdetekteien, Einige davon waren im Bund Deutscher Detektive (BDD) oder auch in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Detektive organisiert. Viele waren jedoch anders als heute auch Einzelkämpfer.
Das Wirtschaftswunder sorgte auch für viel Arbeit – die Detekteien erwirtschafteten immerhin einen Gesamtjahresumsatz von 50 Millionen D-Mark.
Übrigens stammten damals viele Privatdetektive aus den Reihen ehemaliger Polizisten.

Und wie steht es mit Privatdetektivinnen – existierten die wirklich oder ist das ausgedacht?

1964 waren etwa 25 % der Detektive Frauen – man schätzte ihre „Unauffälligkeit“. Es war natürlich einfacher, eine Putzfrau oder ein Kindermädchen in eine Firma oder eine Familie einzuschleusen, als einen Mann – wir waren ja noch Lichtjahre von einer ernsthaften Emanzipation entfernt.

Ihre beiden Protagonistinnen werden von einer Klientin aufgesucht, die einen Weg sucht, sich aus ihrer Ehe mit einem gewalttägigen Mann zu lösen. Die Umstände, die sie in diesem Zusammenhang schildert, sind aus heutiger Sicht erschütternd …

Das ist richtig, es gab ja damals immer noch dieses unfassbar ungerechte Scheidungsgesetz – weshalb sich auch über 70 % der Fälle von Detekteien darum rankten, untreue Partner zu beobachten und Affären zu entdecken.
Die Ehe wurde als Grundlage des familiären Zusammenlebens betrachtet und das sollte durch familienpolitische Maßnahmen geschützt und gefördert werden. Dabei konzentrierte sich die westdeutsche Familienpolitik allein auf die Förderung des traditionellen Modells mit einem männlichen Alleinverdiener.
Die Bundesregierung unter Adenauer setzte gegen den Widerstand von SPD und FDP im Familienrechtsänderungsgesetz von 1961 durch, dass die „Ehe gegen den Widerspruch eines Ehegatten nicht geschieden werden konnte, wenn der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung ganz oder überwiegend verschuldet hatte.“
Dabei stand immer das Leitbild der Hausfrauenehe im Vordergrund, bei der allein der Mann das Geld für die Familie verdient und die Frau zu Hause den Haushalt führt und die Kinder aufzieht.
Man wollte hier sittliche Werte, wie z.B. die eheliche Treue als Gegenimpuls zur vorangegangenen Epoche sehen und natürlich so auch für mehr Geburten sorgen. Denn viele Ehen waren durch Krieg, Gefangenschaft und seelische Zerstörung ohnehin schon gefährdet. Kriegsheimkehrer hatten sich von ihren Familien entfremdet oder waren durch die Zonengrenzen getrennt.
Erst ab 1976 konnte eine Ehe durch das Zerrüttungsprinzip geschieden werden und die Schuldfrage spielte keine Rolle mehr. Man ging nicht länger von einer patriarchalisch geführten, sondern von einer gleichberechtigten Ehe aus.
Bis dahin konnte die Ehefrau nicht arbeiten gehen ohne die Zustimmung ihres Mannes, ja er konnte auch ihren Job kündigen, wenn der in seinen Augen mit ihren ehelichen Pflichten kollidierte. Und die eheliche Pflichten waren selbstverständlich auch ohne die Zustimmung der Ehefrau das Recht ihres Mannes.

Ihre Serie geht weiter – welche Themen werden in den kommenden Bänden im Mittelpunkt stehen?

Im nächsten Band werden wir mehr über Wallys Geheimnisse erfahren, dazu tauchen wir tief in den Alltag eines Bestattungsunternehmens ein und fiebern mit, wenn Lulu, die wunderbar schräge Tante der beiden, wegen Mordes in einem anderen Fall angeklagt wird.
Dieser Mord steht im Zusammenhang mit einer Hebamme und deren ungeheuerlichen Taten im dritten Reich…

Mit Charlotte Printz sprach sehr gern Chefredakteurin Michaela Pelz im Juni 2023.

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