„Kill Mr. Bitcoin“ heißt es im aktuellen Thriller des Duos Neuburger/Graf, bei dem der Ohrenzeuge eines Mordauftrags es in einer atemberaubenden Verfolgungsjagd rund um den Globus nicht nur mit internationalen Finanzmärkten, sondern auch mit erbarmungslosen Killern zu tun bekommt.
Welche Erfahrungen Lisa Graf und Ottmar Neuburger selbst mit der Kryptowährung gemacht haben und was sie diesbezüglich empfehlen, verraten sie in diesem Interview, in dem es außerdem um die Herausforderungen beim Schreiben zu zweit geht.
Zu Beginn drei Fragen. Was trifft zu und warum?
a) Jetzt mit den letzten Spargroschen noch schnell Bitcoins kaufen oder doch lieber Pfandbriefe?
Ottmar: Ich sage immer, 2 x im Monat auf ein Mittagessen beim Griechen, Italiener oder McDonald’s verzichten und mit dem gesparten Geld Bitcoins kaufen und nicht mehr hergeben, dann hat man die Chance, ein Vermögen anzuhäufen. Aber niemals Geld, das man zum Leben oder für die Miete braucht, für den Kauf von Bitcoins verwenden, denn der Kurs geht im Moment noch rauf und runter wie eine Achterbahn.
b) Die Pling-Fee schenkt Ihnen ein Flugticket – wohin geht die Reise: Jerusalem, Rom oder auf den Jakobsweg?
Auf jeden Fall nach Jerusalem. Als wir zuletzt in Israel waren, waren die Straßen durch starke Regenfälle teilweise so unterspült, dass wir einige fest eingeplante Orte nicht besuchen konnten. Das würden wir sehr gern nachholen.
c) Die Schwester der Pling-Fee lädt zu einem Meet & Greet, wen wählen Sie als Tischpartner: James Bond oder Sherlock Holmes?
Lisa: Also ich würde einen James Bond sicher nicht von der Tischkante schubsen, egal ob Roger Moore oder Daniel Craig.
Ottmar: Nachdem James Bond schon gebucht und kein Bondgirl in Sicht ist, nehme ich ausnahmsweise mit dem etwas verstaubten Sherlock Holmes vorlieb. (A.d.R: Offenbar kein Cumberbatch-Fan, der Herr Neuburger ;-)
Im Prinzip haben wir im Schnelldurchlauf die wesentlichsten Aspekte von „Kill Mr. Bitcoin“ angerissen (dessen ausführliche Besprechung sich hier findet) – jetzt noch einmal detaillierter.
Was war der Auslöser für Sie, sich mit Kryptowährung und den damit verbundenen Themen der internationalen Finanzwelt zu beschäftigen?
Ottmar: Als ich 2011 das 8-seitige Whitepaper von Satoshi Nakamoto, dem Erfinder des Bitcoin, entdeckt und gelesen habe, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass dies der Beginn einer neuen Zeitrechnung sein konnte.
Bitcoin und die ihm zugrunde liegende Blockchain-Technologie wird alles verändern, nicht nur den Finanzsektor, auch unsere Gesellschaften. Die Entwicklung hat bereits begonnen, und wird nicht mehr aufzuhalten sein. Seit damals habe ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt und wollte auch darüber schreiben.
Übrigens, in unserem 2013 erschienenen Krimi “Rehragout” haben wir Bitcoin und das Bitcoin-Mining auch schon thematisiert, wenn auch nur am Rande.
Wann und warum fiel die Entscheidung, real existierende „Personen“ (Stichwort „Satoshi Nakamoto“) mit einzubinden?
Auf einige real existierende Personen und Phantome wie Satoshi Nakamoto – noch weiß ja niemand, wer hinter diesem Pseudonym steht – kann man nicht verzichten, wenn man das Thema ernsthaft behandeln möchte. Wir wagen im Roman ja sogar eine Hypothese, wer sich hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto verbergen könnte.
Die Hypothese spielt sich allerdings im Kosmos des Romans ab.
Wie gestaltete sich die Recherche für das Buch?
Lisa: Die geographische Recherche war die angenehmste, sprich die Reisen an unsere Schauplätze Berlin, Mailand, Rom, Santiago und Jerusalem.
Das Wissen zur IT, den Kryptowährungen und die Blockchaintechnologie etc. war im Team vorhanden, vor allem auf Ottmars Seite. Ich war anfangs eher ein ahnungsloser Newbie, wie Noah. Ich habe ganz viele Fragen gestellt, viel gelesen und mir in der Diskussion mit meinem Co-Autor eine eigene Meinung gebildet.
Was war die größte Herausforderung?
Der klügste Kopf in unserem Roman ist Joe Muskat, Astrophysiker, Kryptoaktivist und vieles mehr.
Seine Gedanken und die Phänomene, die ihn beschäftigen, entweder aus der Physik oder der IT-Technik, so darzustellen, dass sie auch ein Nicht-Physiker und jemand, der noch nie mit Kryptowährungen zu tun hatte, versteht, das war eine ganz schön harte Nuss. Es sollte ja kein Roman für Techies oder Nerds werden.
Welche „AHA“-Momente gab es – also die (neue) Erkenntnis, dass bestimmte Dinge einen Einfluss auf das eigene tägliche Leben haben, obwohl man eigentlich nur Recherche für ein bestimmtes Projekt betrieben hat?
Lisa: Ich habe während des Schreibens angefangen in Bitcoin zu investieren und bin heute Besitzerin diverser kleinerer wallets (Krypto-Konten) und studiere dementsprechend auch die Börsenkurse.
Held Noah ist an den verschiedensten Orten unterwegs: Von Berlin geht es nach Mailand, dann Rom, den Jakobsweg und auch nach Jerusalem. Wie haben Sie die Wahl dieser Schauplätze getroffen und wer hat sie bei Ihrer Recherche unterstützt?
Rom, Santiago, Jerusalem – das sind die drei großen christlichen Wallfahrtsorte über die Jahrhunderte hinweg.
Noahs Flucht hat etwas mit einer Pilgerfahrt zu tun. Er muss zu sich selbst finden, agieren, statt nur zu reagieren und seinen Platz im Leben finden.
Deshalb haben wir ihn kurzerhand auf den Jakobsweg geschickt und nach Jerusalem, wo der Überlieferung nach alles begann und vielleicht auch alles enden wird.
Auf seiner Reise landet der Protagonist auch in einem Kloster. Was würde Sie persönlich an einem solchen Aufenthalt reizen?
Ottmar: Ich habe schon als Kind Zeit in Klöstern verbracht.
Mit meinen Eltern haben wir öfter aus Interesse, Neugier und auch aus Kostengründen einige Tage bis zwei Wochen in einem Kloster gewohnt. Zu einem dieser Anlässe habe ich dort mit sechs Jahren Nesquick kennengelernt. Später hatte ich ein Gastspiel als Internatsschüler im Kloster Fürstenzell, was nicht so mein Ding war.
Mein eindrücklichstes klösterliches Erlebnis hatte ich auch zusammen mit Lisa in Auschwitz, wo wir in einem Minoritenkloster untergebracht waren. Ein Pater brachte uns dort die Gemälde von Marian Kołodziej, der selbst in Auschwitz interniert war, mit der Häftlingsnummer 432, in einer sehr bewegenden Führung nahe.
Dem Buch mangelt es nicht an Action. Wer von Ihnen ist für eine typische Autoverfolgungsjagd zuständig?
Ottmar: Verfolgungsjagden sind Lisas Spezialität, egal ob zu Fuß oder in einem Fahrzeug. Wahrscheinlich hat sie zu viel James Bond gesehen und zu viele Krimis gelesen.
An diesem Punkt drängt sich die Frage auf: Sie schreiben schon recht lange zu zweit – wie sieht diese Arbeit in der Praxis aus?
Lisa: Unser Modell, denn es gibt ja ganz verschiedene Arbeitsweisen von Duos, ist, dass wir beide schreiben. Wir planen und plotten gemeinsam, entwerfen die Charaktere und besprechen die Szenen, und dann schreiben wir beide und tauschen die Szenen oder Kapitel so lange aus und arbeiten abwechselnd daran, bis wir beide damit zufrieden sind und eine gemeinsame Stimme gefunden haben.
Die gefürchteten Schreibblockaden verlieren zu zweit ihren Schrecken, weil es im Gespräch, in der Auseinandersetzung über den Stoff eigentlich immer irgendwo weitergeht. Das einsame Brüten hat also ein Ende.
Und, was für mich eine Bereicherung darstellt: Wir haben eine weibliche und eine männliche Perspektive in einem Werk. Ich mag das sehr, und ich glaube, auch unsere LeserInnen schätzen das.
Was ist die größte Herausforderung, wenn man nicht nur bei der Arbeit, sondern auch im Privatleben ein Paar ist?
Kritik zu üben kann natürlich ziemlich schwierig sein. Autoren sind ja in der Regel ziemlich sensibel, richtige Mimosen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass einer zum anderen sagt: Du, die drei Seiten, die du gestern Nacht geschrieben hast, gefallen mir nicht, weil …
Oder: Ich sehe die Figur anders, sie würde nie das sagen, was du ihr in den Mund gelegt hast.
Nach einer derartigen professionellen Auseinandersetzung wieder als Paar und im Alltag zusammenzufinden, das ist schon manchmal eine Herausforderung.
Letzte Frage: Angenommen, der Stoff würde verfilmt: Wer sollte den Noah spielen?
Lisa: Lars Eidinger zum Beispiel oder Daniel Brühl.
DANKE für das Gespräch!
DANKE für das Interesse!
P.S. Es gibt auch eine Website zum Thriller: www.killmrbitcoin.de – auf der man einen Krypto-Coin gratis bekommt. Jede und jeder kann damit ausprobieren, wie man ein Wallet einrichtet oder Coins ins Nachbardorf oder in die halbe Welt überweisen kann, ganz ohne Banken. Der Coin heißt DOI oder Doicoin, und wird derzeit für 1 Euro ausgegeben. Auf der Website kann man ihn einmalig und gratis downloaden.