Interview mit H.-P. Karr

Reinhard Jahn / H.-P. Karr (Foto: Carina Faust)

Reinhard Jahn / H.-P. Karr (Foto: Carina Faust)

Manchen Menschen würde diese Persönlichkeitsspaltung zu schaffen machen – der Essener Reinhard Jahn hingegen wechselt ohne jegliche Anstrengung geschmeidig zu seinem Alter Ego H.P. Karr, ohne im geringsten an Witz, Charme oder Eloquenz einzubüßen. So erklärt er, warum er nicht zum Claus-Maximilian Schwerdtfeger wurde, schildert auf gewohnt unnachahmliche Weise die Rahmenbedingungen des „Hotel Terminus“ und enthüllt den wahren Grund für die Teilnahme von Ralf Kramp an diesem Projekt …

Eine kurze Frage zu Beginn – wenn es gestattet ist: Würden Sie uns verraten, mit wem wir gerade sprechen?
Mit H.P. Karr, dem preisgekrönten Autor, Vater des und Herausgeber zahlreicher Anthologien, jetzt demnächst „HOTEL TERMINUS“?
Oder doch mit Reinhard Jahn, Statthalter des Syndikats im Internet und WDR-Hörfunk-Hoffnung in Sachen ?

Im Moment bin ich als Hausmeister des HOTEL TERMINUS, dem Hotelroman von 12 preisgekrönten Krimi-Autoren unterwegs. Also als H.P. Karr…

Gut, dann nehmen wir jetzt mal den „Karr“.
H.P. steht für …?

H.P. stand einmal für „Hanns-Peter“, und Hanns-Peter Karr war eins der vielen Pseudonyme, unter denen ich einmal Krimis für Zeitschriften geschrieben habe, und es war gerade zur Hand, als sich ein Verlag für meinen ersten Roman interessierte.
Als ich dann die Teamarbeit mit meinem Kollegen Walter Wehner anfing, hätte das eine schreckliche lange Autorenzeile gegeben: „Hanns-Peter Karr und Walter Wehner“. Also wurde aus dem Hanns-Peter der H.P. und das Team hieß „Karr & Wehner“.

Und warum gerade dieses Pseudonym? Wäre das nicht die Gelegenheit schlechthin gewesen für einen wohlklingenden, edlen oder auch fremdländisch-geheimnisvollen Vornamen wie Kornelius, Adalbert, Rochus oder Giorgio?

Wenn ich wieder einmal ein Pseudonym suche, werde ich sicher daran denken. Was halten Sie von „Claus-Maximilian Schwerdtfeger“?

Fühlen Sie sich wie Claus-Maximilian Schwerdtfeger?

Ich könnte durchaus so fühlen. Klassisch. Bürgerlich.

Das heißt, Sie wissen durchaus das Bodenständige, das Traditionelle zu schätzen. Sind aber offensichtlich auch Neuem gegenüber stets aufgeschlossen – wie jetzt beim Projekt „Hotel Terminus“.

Beim HOTEL TERMINUS hat nicht nur mich, sondern alle beteiligten Autoren gereizt, einen Roman voller Geschichten zu schreiben, wie sie nur in jenem Hotel geschehen können. Geschichten, die auch in dem großen Romanbogen ihre ganz eigene Handschrift haben. So, wie in jedem Hotel auch jeder Gast seine eigene Geschichte hat und sich „auf der Durchreise“ im Hotel für einige Nächte heimisch fühlt.

Es geht also um eine Art „Kettenroman“ mit einem fest stehenden Rahmen, jedoch wechselnden Personen und auch keiner durchgängigen Handlung. Einzige Vorgabe: Ein Element des vorangehenden Kapitels muss übernommen werden …?

Es gab noch einige andere Vorgaben. Einen Grundriss des Hotels zum Beispiel, damit die Zimmer nicht doppelt belegt wurden. Einige Beschreibungen der Rezeption, der Bar, des Frühstücksraumes.
Und natürlich der drei Personen, die zum Hotel gehören: Henk, der alte Portier, Diana, die Hausdame mit ihrer Neigung zum Rotwein und Juan, der Barkeeper mit seiner Schwäche für die Songs von Vonda Shepard. Und dann sollte natürlich jeder Autor einer TERMINUS-Geschichte einen Gegenstand oder eine Person oder ein Motiv hinterlassen, die sein Nachfolger in seiner Geschichte aufgreifen sollte.

Wie kam es zur Idee für dieses Projekt (das Sie gemeinsam mit Jürgen Alberts konzipierten, während Walter Wehner – wiederum zusammen mit H.P. Karr – für Koordination und Redaktion zuständig war)?

Es war auf der im Westerwald, als ich mit ein paar Kollegen in der Hotelbar zusammensaß. Irgendwann kamen wir auf Hotels und Hotelgeschichten zu sprechen – selbst erlebte und selbst gelesen.
Vicki Baums „Menschen im Hotel“ oder „Finbars Hotel“ von Roddy Doyle und anderen irischen Autoren.
Von den grauenhaftesten und schönsten Hotels in denen wir gewesen waren.
Von den Menschen, die wir dort getroffen hatten.
Und dann war es nicht mehr weit bis zu der Idee, doch einmal zusammen einen Hotelroman zu schreiben …

Und nach welchen Kriterien wurden die Mit-Schreiber ausgewählt?

Wir haben Kolleginnen und Kollegen gefragt, mit denen wir schon bei der einen oder anderen Gelegenheit zusammengearbeitet hatten. Bei Lesungen oder in Anthologien. Die Chemie musste stimmen, und die Mischung.
Mit Roger M. Fiedler, Birgit H. Hölscher und Silvia Kaffke sind ausgezeichnete jüngere Autoren dabei.
Regula Venske, Edith Kneifl und Peter Zeindler sind alte Hasen, die mit viel Vergnügen zugesagt haben.
Dazu Horst Eckert, Christine Lehmann und der einzigartige Ralf Kramp, der endlich einmal aus seinem Eifel-Dorf herauswollte in ein großes Hotel.

Stichwort „Hotel„ – es gibt ja bekanntlich Menschen (etwa Udo Lindenberg), die tatsächlich ihre Wohnung aufgegeben haben, um nur noch in einem Hotel zu leben. Wie müsste die (Nobel-?) Herberge aussehen, in der Sie dauerhaft Ihr Quartier aufschlagen würden?

Genau wie das TERMINUS aus unserem Buch. Nicht zu groß, nicht zu klein. Ein Haus mit Geschichte. Mit gutem Service. Mit Atmosphäre.

Und wo – in welchem Kontinent, Land, Stadt – müsste das Hotel stehen?

Es gibt in der Realität viele „Hotel Terminus“, und von allen, die ich gesehen habe, hat mir das TERMINUS in Stockholm am besten gefallen.

Dann wünschen wir Ihnen doch, dass die Verkaufszahlen von „Hotel Terminus“ dafür sorgen werden, dass Sie in Sachen Unterkunft bald nur noch die Qual der Wahl haben!

Unser Ziel ist natürlich, dass bald in jedem Hotel ein Exemplar des HOTEL TERMINUS auf dem Nachttisch liegt.

WIR DANKEN FÜR DIESES GESPRÄCH.
Mit Reinhard Jahn, pardon – H.P. KARR natürlich, sprach – immer wieder sehr gern – Chefredakteurin Michaela Pelz.
(Februar 2005)

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